Das Spinnweibele, wie es von den Bewohnern am Sonnenberg genannt wurde, hauste in einer winzigen Hütte im "Hemerwold", unterhalb der Ournalm. Die Einsiedlerin verdiente sich ihren Lebensunterhalt mit dem Sammeln von Heilkräutern, Beeren und Pilzen, die sie von Zeit zu Zeit auf den Märkten in Meran und Umgebung zum Verkauf anbot. Zu ihrem Unterhalt trug jedoch wesentlich bei, dass sie für die Sonnenberger Bauersleute das Spinnen von Schafwolle besorgte. Als Gegenleistung wurde das Weiblein reichlich mit Butter, Käse und Brot versorgt.

Eines Tages, als die Hochforcher Bäuerin dem Spinnweibele wieder einmal Wolle bringen wollte, war es nicht anzutreffen. Nach Tagen stellte sich heraus, dass die Einsiedlerin von einem Marktgang nicht zurückgekehrt war. Erst nach Jahren entdeckte ein Fischer zufällig ihre sterblichen Überreste in der Etsch. Die Sonnenberger bedauerten das tragische Ableben der Einsiedlerin, die sie für gewissenhaft und ehrlich gehalten hatten. Jahre später stellte sich heraus, dass die Spinnerin die Bauersleute betrogen hatte, indem sie Wollknäuel verkauft und den Erlös für sich behalten hatte.

Der furchtlose Bursche antwortete ohne Umschweife: "Gib's den rechtmäßigen Besitzern!"
Diese mutige Antwort muss die arme Seele erlöst haben, denn sofort hörte das Surren des Spinnrades auf und er vernahm eine ruhige Stimme, die immer leiser wurde und schließlich ganz verstummte: "Vergelt's Gott, Jörg, vergelt's Gott ..." Die Frau, die zu Lebzeiten vom Geizteufel besessen war, hatte das Geld, das sie unrechtmäßig erworben hatte, im Hemerwald versteckt, wo es sich noch immer befinden soll ...
(Auszug aus dem Partschinser Dorfbuch von Ewald Lassnig)
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