Auf den Almen war es früher strenger Brauch, jeden Abend gemeinsam den Rosenkranz zu beten, um bei Gott den Schutz für Mensch und Tier zu erbitten. Am Eingang der Viehställe hingen die Bildnisse der Heiligen Martin und Anton, Viehpatrone der Rinder und Schweine. In jeder Sennhütte gab es ein Kruzifix, zudem standen geweihte Palmbuschen und Weihwasser bereit, um bei Unwettern einige Zweige davon ins Feuer zu werfen und Weihwasser zu sprengen.
Vor vielen Jahren lebten auf der Königshofalm Hirten, die auf diese frommen Bräuche nichts hielten. Besonders der Oberhirte war ein Gotteslästerer, der sämtliche religiöse Betätigungen verbot und alle Zeichen christlichen Glaubens auf der Königsalm entfernen ließ.
An einem heißen Sommertag kam das weitum bekannte Grantnweibele, eine ältere Frau, die sich mit dem Sammeln von Beeren, insbesondere "Grantn" (Preiselbeeren), aber auch von Heilkräutern und Pilzen ihren Lebensunterhalt verdiente, auf die Königshofalm. Da ein Gewitter im Anzug war, bat sie den Senner um Unterstand in der Almhütte und um einen kleinen Imbiss. Als Dank dafür versprach das Grantnweibele, bei der nächsten Wallfahrt für die Hirten und das Wohlergehen der Tiere auf der Muteralm 3 Rosenkränze zu beten. Doch der gottlose und hartherzige Mann geriet außer sich vor Wut und wies die Frau mit wüsten Beschimpfungen ab. Mit Betschwestern, Kräuterhexen und nichtsnutzigem Gesindel wolle er nichts zu tun haben. Wenn sie nicht sofort verschwinde, werde er den bissigen Wachhund berbeirufen. Entsetzt über so viel Bosheit verfluchte die Alte die Muteralm und rief zornig: "Auweah, auweah, bold kuane Muterolm und kuan Mutersea!" Verbittert und tief traurig verließ die Abgewiesene die ungastliche Alm. Der Senner lachte nur über die seines Erachtens verrückten und lächerlichen Verwünschungen.
Der Fluch des Grantnweibeles ging jedoch wirklich in Erfüllung: In den folgenden Jahren wurde das Vieh auf der Muteralm immer häufiger von Krankheiten befallen und dezimierte die Bestände. Ausserdem gingen immer wieder heftige Gewitter nieder, bei denen einmal zwei Hirten vom Blitz tödlich getroffen wurden. Muren stürzten von der Gfallwand und Schwarzwand herunter und füllten nach und nach den Mutersee auf, bis sich darin kein Wasser mehr sammelte.
(Auszug aus dem Dorfbuch der Gemeinde Partschins von Ewald Lassnig)
Hier klicken für die Wanderkarte, worauf die Muteralm noch gekennzeichnet ist (von Nasereit ins Zieltal)