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Donnerstag, 8. Januar 2015
Franz Ferdinand von Österreich, der Steidl Jos und der Pfannenknecht
Franz Ferdinand, der Erzherzog und österreichische Thronfolger weilte aufgrund seines Lungenleidens Anfang 1900 mehrmals in Meran und im Burggrafenamt. Alois Menghin, hat Erlebnisse und Erinnerungen im Buch "Von unserem Thronfolger" verfasst. Dieses Dokument von 1912 wurde nun erneut aufgelegt und zeigt einzelne Episoden und Geschehnisse auf. So auch das Zusammentreffen mit dem Steidl Jos auf der Töll:
"Nun, wohin jetzt? - Es ist halb fünf Uhr und das Wetter scheint gut zu werden", sagte der Erzherzog, als wir vom Steinhuberhofe zurückgekehrt und wieder auf der Reichstraße waren. "Auf die Töll, wenn kaiserliche Hoheit belieben." "Auf die Töll? - Was machen wir denn auf der Töll?" "Dort weiß ich eine meeralte Bauernstube, originelle Bauersleute und ein gotisches Kirchlein mit einem interessanten Altarflügel aus dem 15. Jahrhundert." "Das ist mehr als genug. Gut, wir fahren. Kutscher, links um und vorwärts!" Auf Halbweg kurz vor Töll begegneten wir dem Steidl Jos, Bauer auf der Töll und k.u.k. Straßeneinräumer im Nebenamte. Er war mit der Ausbesserung der Reichstraße beschäftigt. "Das ist ja der Bauer, zu dem wir wollen!", rief ich fast unwillkürlich. "So, so! Dann nehmen wir ihn gleich mit", sagte der Erzherzog. "Sagen Sie ihm, er soll gleich mitkommen. - Halt Kutscher!"
Ich stieg aus, lief ein paar Schritte rückwärts und rief: "Jos! Jos! Kommt her!" "Wohin heut, Herr Lehrer?" "Zu Euch auf die Töll. Fahrt gleich mit!"
"Dös kann i nit. I muss die Straße ausbessern. Morgen habn die Vlizipefahrer (Veloziped=Vorläufermodell des Fahrrads) Wöttrennen bis auf die Töll aufi und sunst, hats gehoaßn, sein in Meran drunten ötliche hoache Hearn, dö mochn mit ihre 'Wagn gearn an Ausflug da aufer. Der Bezirkshauptmann hat extra aufergschickt und hat sagn lassn, dass wir die Straß in Ordnung halten sollen. Heutnt geahts schon nit, Hear Lehrer, sunst gang i gonz gearn mit Ihnen aufi."
Da war nun guter Rat teuer. Wen ich bei mir habe, sollte ich nicht verraten, und alles sonstige Zureden half nichts. Ich musste unverrichteter Sache abziehen. Wir fuhren weiter und waren bald in Steidls Heim. Die alte Thres, des Bauers Schwester und Häuserin, begrüßte uns mit einer wahren Wortflut und führte uns gleich in die Stube. Hier hing ein alter schmiedeeisener Pfannenknecht, den sogenannten "Hundsl". Das originelle Ding gefiel dem Erzherzog und er fragte die redselige Häuserin, ob sie es ihm nicht verkaufen wolle.
"Oh nein Herr", sagte sie, "dös kann i nit; dös ist ja der Hundsl, auf den müssen wir die Muaspfann stelln." "Ich gib Euch zwei Gulden dafür", sagte der Erzherzog. "Na mein lieber Herr, dös kann i nit, da krieget is vom Bruder." "Dann gib i Euch halt vier Gulden, da wird der Bruder dann wohl nichts mehr sagen." "Na, den Hundsl kann i nit verkafn. Mein Gott, der Jos gebet mir Schläg, wenn er hearet, dass i den Hundsl verkaft han."
Ich mischte mich auch ein bißchen in den Handel und redete der Thres zu, dass der alte Hundsl doch kaum 50 Kreuzer wert sei. Es half aber alles nichts. Wir mussten ohne den Hundsl abziehen. Nach einem kurzen Besuch in der St. Helena Kirche, wo der Erzherzog den schönen Altarflügel bewunderte, traten wir die Rückfahrt an. Beim Jos hielten wir.
"Sein Sie iatz obn gwesn, Herr Lehrer?", fragte er. "Ja freilich, aber mit der Thres ist nichts zu machen. Wir wollten ihr den Hundsl abkaufen, sie gibt ihn aber nicht her." "Den Pfannenknecht meinen Sie?" "Ja, den Pfannenknecht, der in der Stube hängt." "Ja warum denn nit? - Den hätt i Ihnen wohl geschenkt, wenn Sie damit a Freud habn." "Nicht einmal um zwei Gulden hätt' sie ihn hergegeben." "A sell war decht zan Lachn, ist dös a dumms Weibez!" "Ja sogar um vier Gulden ließ sie ihn nicht." "Ah, die ist wohl narret. Da werdn Sie wohl etwa lei Spaß machn. - Ja, ja, Sie machn lei Spaß", sagte er dann "was werden Sie denn mit unserem Hundsl tian? - Den bring i Ihnen wohl morgen in die Stadt abi, wenn sie ihn grad habn wölln." Den Pfannenknecht brachte der Jos freilich nicht, denn als er schon des anderen Tages erfuhr, mit wem er geredet hatte, begriff er erst recht nicht, wozu etwa der österreichische Thronfolger den Hundsl seiner Muaspfanne brauchen könnte.
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